Melanie Amann: Angst für Deutschland
Droemer Verlag München
ISBN 978-3-426-27723-2
Rechtzeitig zum diesjährigen Wahljahr erscheint das Buch Angst für Deutschland von
Melanie Amann. Die promovierte Juristin ist seit 2013 im Berliner Hauptstadtbüro des Spiegels tätig. „Dort beobachtete sie die AfD seit deren Gründung und verfügt über ausgezeichnete Kenntnisse über die Partei“, ist im Klappentext zu lesen.
Deshalb verspricht der Verlag auch
Die Wahrheit über die AfD:
wo sie herkommt,
wer sie führt,
wohin sie steuert.
Kurzum: Frau Amann hat mit diesem Buch eine Arbeit vorgelegt, die mit dem Hause Spiegel konform geht. Im Sprachduktus des bekannten Magazins geschrieben, geht es inhaltlich nicht ohne Abwertung der Parteimitglieder und Wähler. Einerseits attestiert sie Ängstlichkeit gegenüber dem Euro und der Globalisierung. Andererseits Ignoranz, wenn es um den Klimawandelt geht:
„Ein Mythos. An der Geschichte vom Treibhauseffekt ist nichts dran“, sagte schon Professor Fred Singer und 10000 weitere Wissenschaftler, davon 70 Nobelpreisträger. Was hat es mit Ängstlichkeit zu tun, wenn einwandfreie Begründungen gegen den eingeschlagenen Weg sprechen? Diese Bespiele ließen sich fortsetzen, sind aber für meine Bewertung dieses Werkes nicht ausschlaggebend.
Genauso wenig wie das Hochstilisieren des Rechtsintellektuellen Götz Kubitschek als wichtigsten Vordenker der AfD, was im gesamten Spektrum der Partei nicht vielen bekannt sein dürfte. Auch Sarrazin als ideellen Gründer der AfD zu bezeichnen, ist kaum nachvollziehbar. Rationale Erklärungsmodelle zur Entstehung der AfD ließen sich leicht finden, bleiben aber verborgen. Vielleicht geht es der Autorin darum, die AfD durch die enge Verbindung der beiden in Misskredit zu bringen? Getreu nach der alten Weisheit: „Sage mir wer deine Freunde sind, und ich sage dir wer du bist“.
Einen Schwerpunkt legt Amann auf die kritische Betrachtung der vertretenen Meinungen innerhalb der AfD. Gerade die Vielfalt der Standpunkte und ihre fundierten Begründungen haben mich für die AfD eingenommen.
Interessanter und aufschlussreicher bewerte ich den imaginären zweiten Teil, indem sie die führenden Persönlichkeiten beschreibt, den folgenschweren Essener Parteitag, den erzwungenen Austritt von Bernd Lucke und das Rangeln um politische Positionen und Posten.
Was ich Amann besonders anrechne, ist ihr Mut, in die Zukunft zu sehen. Das gilt für die Führungspersonen, genauso wie die mögliche Entwicklung der Gesamtpartei bis zum Jahre 2021.
Eine positive Seite der Partei-Existenz sieht die Autorin darin, dass die AfD die CDU zwingt; „sich auf ihre Kernbotschaften zu besinnen“ und Journalisten „zu mehr Neutralität und Vorsicht“ bestimmt. Amann „fürchtet“ enttäuschte Wähler, weil eine Partei wie die AfD mit den möglichen Sitzen keinen Wechsel herbeiführen kann. Hier liegt ein Widerspruch mit Blick auf die vorherigen Zeilen über die Einflussnahme der AfD. Politische Teilhabe kann in vielfältiger Form stattfinden. Ich denke dabei an die APO, die als Außerparlamentarische Opposition mehr zur Veränderung beigetragen hat, als eine der politischen Parteien.
Das fundierte Psychologisieren will gelernt sein. Zu mindestens in einem Fall hat sich die Autorin komplett geirrt, und damit ein wichtiges und notwendiges Kapitel vergeigt. Ich meine den Blick auf die Idealisten.
Welchen Gewinn hat mir das Buch gebracht? Einblicke in eine Partei-Ebene, die mir bisher aus meiner Hamburger Sicht verborgen geblieben ist. Des Weiteren fühle ich mich einmal mehr bestätigt, dass der AfD eine Führungspersönlichkeit fehlt, einen „geistigen und charakterlich gebildeten Leuchtturm“ der die bisherigen Protagonisten sichtbar überragt.
Resümé: Ein leicht lesbares, informatives Buch. Das Klappentext-Versprechen wird erfüllt. Deshalb eine uneingeschränkte Empfehlung.